B.I.O. informiert: Unser Event "Wem gehört mein Ortsteil?"
Die erste gemeinsame Veranstaltung der Wählergemeinschaft Schloßborn WGS und der Bürgerinitiative Oberems B.I.O. e.V. am 22.11.2022 war ein voller Erfolg: Knapp 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger, Vertreter politischer Fraktionen sowie der erste Beigeordnete Klaus Hindrichs hatten trotz des ungemütlichen Wetters den Weg zum Rathaus Glashütten gefunden, um sich zum Thema Ortsbeiräte zu informieren.
Nach kurzer Begrüßung durch Dirk Trippe, Vorstandsmitglied bei B.I.O., und Christoph Klomann, Fraktionsvorsitzender der WGS, berichtete zunächst der Ortsvorsteher von Selters-Eisenbach, Lo Siegmund, über die Entstehungsgeschichte und das erfolgreiche Wirken seines seit 2016 bestehenden Ortsbeirates. Direkt im Anschluss folgte ein weiterer, sehr interessanter und kurzweiliger Vortrag von Andreas Nickel, Ortsbeirat von Hofheim-Lorsbach, der die konstruktive Zusammenarbeit des dortigen Ortsbeirates u.a. mit dem Magistrat anhand von brandaktuellen, spannenden Themen erläuterte. Beide Referenten stellten zudem jeweils eine Modellrechnung in Bezug auf mögliche anfallende jährliche Kosten für die Einführung von Ortsbeiräten in der Gemeinde Glashütten vor. Während Lo Siegmund mit einem Betrag von 1.140,00 € die reinen Sitzungsgelder berechnet hatte, wies Andreas Nickel darauf hin, dass sein Überschlag von jährlich 5.500,00 € auch ein Budget der Ortsbeiräte enthielte, das den Ortsteilen im Rahmen von konkreten Projekten der Ortsbeiräte direkt zu Gute käme. Der Hinweis war ein wichtiger Beitrag, denn die WGS hatte bereits in der Sitzung der Gemeindevertretung am 14.07.2022 einen Antrag auf Ausarbeitung eines rechtssicheren Entwurfs zur Änderung der Hauptsatzung der Gemeinde eingereicht, um zunächst die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen für die Einführung von Ortsbeiräten nach §82 HGO bei der nächsten Kommunalwahl . Dieser Antrag wurde von der WGS zurückgezogen und soll, nach eingehender Beratung im Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde Glashütten, im Anschluss an die Haushaltsdebatte erneut eingebracht werden.
Der überwiegende Teil der Veranstaltungsgäste schien von der Idee sehr angetan, künftig lokale Repräsentanten zu haben, die sich gezielt für die Belange und Interessen „ihres“ Ortsteiles einsetzen und stark machen und ihnen die Gemeindepolitik näherbringen. Denn auch wenn Ortsbeiräte in Hessen kein Stimmrecht in den Gemeindegremien besitzen, so haben sie doch ein Recht auf Information und Mitsprache. So wäre z.B. das Bekanntwerden der Vorschläge der Gemeinde Glashütten für den Flächennutzungsplan des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain im Frühjahr dieses Jahres samt dem knapp 100.000 qm großen Gewerbegebiet am Ortseingang von Oberems keine böse Überraschung für die Einwohner des kleinsten Glashüttener Ortsteiles gewesen. Vielmehr hätten Ortsbeiräte dabei mitgewirkt, die Bürger und Bürgerinnen zu diesem Thema sehr viel früher anzuhören und zu beteiligen. Auch im größten Ortsteil der Gemeinde Glashütten, Schlossborn, hatte sich bereits in der Vergangenheit so viel Unzufriedenheit mit der Kommunalpolitik angesammelt, dass, wie Fraktionsvorsitzender Christoph Klomann es nachvollziehbar vermittelte, im Jahr 2020 schließlich die Wählergemeinschaft gegründet wurde, um insbesondere der dortigen Bürgerschaft eine Stimme zu geben. Tatsächlich wurde die WGS dann im März 2021 aus dem Stand mit über 28 Prozent stärkste politische Kraft in Schloßborn und mit 13,9 Prozent der Stimmen in der Wahl zur Gemeindevertretung Glashütten im März 2021 die viertstärkste Fraktion vor FDP und SPD.
Nachdem auch der dritte Gastreferent Bertold Gruber, ehemaliger Ortsvorsteher von Eppstein-Ehlhalten, sich und die Arbeit des dortigen Ortsbeirates vorgestellt hatte, wurde eine Podiumsdiskussion eröffnet. Die drei Referenten beantworteten die zahlreichen Fragen der Zuschauer rund um das Thema – souverän, fachkundig und mit Humor. Natürlich gab es auch kritische Stimmen im Verlauf der Veranstaltung. Vor allem aktive bzw. ehemalige Mitglieder der Gemeindevertretung Glashütten der Fraktionen der CDU und Bündnis90/Die Grünen stellten die Notwendigkeit von Ortsbeiräten in Frage, auch mit dem Verweis darauf, dass Glashütten doch eine sehr kleine Gemeinde sei und die Bürgerschaft jederzeit die Möglichkeit hätte, sich direkt an die Mitglieder der Gemeindevertretung oder an den Bürgermeister selbst zu wenden. Darüber hinaus wurden Bedenken dahingehend geäußert, ob sich überhaupt genug Ehrenamtliche fänden, die im Ortsbeirat tätig werden wollten. Es sei ja schon schwierig genug, die Kandidatenlisten für die Gemeindevertretung zu füllen.
Alle drei Referenten waren jedoch einhellig der Meinung, die Größe einer Gemeinde sei kein Argument für oder gegen Ortsbeiräte. Vielmehr habe sich in der Praxis gezeigt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger bei Bedarf eher an ein Mitglied ihres Ortsbeirates wenden als an ein Mitglied der Gemeindevertretung. Auch würden sich viele Bürgerinnen und Bürger deutlich leichter in einem Ortsbeirat engagieren als in den sonstigen, als starr empfundenen Gremien der Gemeindepolitik. Die Hemmschwelle, sich als Bürger ohne nennenswerte Vorerfahrung in diese Gremien wählen zu lassen, sei doch immens hoch. Insofern hätte sich die Tätigkeit im Ortsbeirat schon des Öfteren als hervorragendes Sprungbrett in die Kommunalpolitik im Allgemeinen erwiesen. Am Ende der Veranstaltung war dann auch den meisten der Anwesenden klar, dass es eigentlich gar keine nennenswerten Gründe gegen die Einrichtung von Ortsbeiräten gibt, und dass die Gemeinde Glashütten ihren Einwohnern diese Form der Bürgerbeteiligung unbedingt ermöglichen sollte.
Die WGS und B.I.O. dankten den Referenten für die informativen und spannenden Vorträge und dafür, dass sie sich die Zeit genommen haben, für einen langen Abend nach Glashütten zu kommen. Ein Dankeschön auch an alle Besucher für ihr Kommen und die konstruktiven Fragen und Anregungen.
